macht wahn sinn 
 
Der Grossinquisitor 
2 Mai '98 - Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz - 20 uhr
live-video-theater 
für 1 Schauspieler / 1 Kamera / Videoprojektionen / Sound

darsteller: Hermann Treusch 
idee + konzept: Knut Gerwers 
erarbeitung & realisation: H. Treusch / K. Gerwers
 
 
  niemand macht die wueste ungestraft wohnbar, niemand den wahnsinn lebbar - 
solange der terror spricht im namen der ordnung, im namen der normalität.
 
 
  Diese Produktion strebt nach einer symbiotischen und konzeptionell stimmigen Verbindung von Live-Spiel sowie den vielfaeltigen Einsatzmoeglichkeiten des Mediums Video. Eine komplexe Text- Spiel- und Mediencollage fuer einen Darsteller, eine Kamera/live-ebene, Videoprojektionen und Sounds.

Die Textcollage - basierend auf zwei Kapiteln aus "Die Brueder Karamasoff" von F. M. Dostojevskij - wird von Beginn an in engstem Zusammenspiel aus schaupielerischer Umsetzung und den verschiedenen Videoebenen erarbeitet - da nur auf diese Weise eine sich organisch verbindende Form dieser Disziplinen sowie der verschiedenen Zeit / Raum -und Darstellungsebenen erreicht werden kann.

Verschiedenste Formen der Interaktion zwischen Schauspiel und Video sollen genutzt werden: 
> Es wird die direkte Interaktion/Kommunikation zwischen Schauspieler und Live-Kamera geben, bei gleichzeitiger Uebertragung auf den aufgestellten Projektionen.

> Es wird sowohl die Einspielung vorproduzierter Videoszenen (inszenierte Szenen und andere Collagen), als auch die direkte Uebertragung des Kamerabildes eingesetzt werden. 
> Die Verwendung des Videoelements wird auf vielfache Weise mit dem Spiel in Bezug stehen: Dialoge zwischen den Figuren / Kommentierung des Spiels, Kontrastierung, Brechung, Zeitverschiebung, Aktualisierung..

> Durch die Verwendung eines Bildmischers, der sämtliche (Ab)-Bild-quellen (Live- Bilder der Auffuehrung / vorproduzierte Szenen / Fremdmaterial etc.) aufeinander abstimmen / mischen / collagieren kann, sowie durch die Nutzung verschiedener im Buehnenbild integrierter Projektionsmöglichkeiten und Requisiten, soll eine moeglichst komplexe Verbindung der verschiedenen Text / Spiel- und Übertragungsebenen erreicht werden. 
Die Aufhebung und die Verkopplung zumeist getrennter Raum, Zeit/Bild - Realitätsebenen wird moeglich, in einem bisher dafuer ungewoehnlichem Rahmen - einer Raumeinheit, in der auch das uebliche Schema des Theaterspiels sowie des herkömmlichen Einsatzes des Videomediums und der sich daraus ergebenden Rezeption aufgehoben ist.

Da der Gegenstand des Textes ein zeitloser ist (die für Dostojevskij typischen Themen: Freiheit, Glaube, Macht, Unterwerfung - in Kuerze: die Befreiung von der Freiheit durch Unwissenheit), ist es wohl kaum noetig eine Motivation fuer die Auswahl anzugeben. Diese Themen haben Ihre Entsprechung und die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit ihnen in jeder Zeit.

Die unterschiedlichen Charaktere die, ebenfalls vom Darsteller des Grossinquisitors (Hermann Treusch) gespielt, zunaechst auf der Videoebene auftauchen, stehen für die verschiedenen Textquellen, die neben Dostojevskijs Originaltext außerdem in die Textcollage einfließen werden. 
Diese Textquellen des Stueckes, denen jeweils eine Figur zugeordnet wird, sind: Teile aus den autobiographischen Aufzeichnungen von Rudolf Höss, dem Kommandanten von Auschwitz / verschiedene dokumentarische / geschichtliche Texte, sowie eigene Textteile.

Durch die zunehmende Collagierung und Verbindung der verschiedenen Texte werden auch die Charaktere der Videoebene und die Buehnenfigur(en) in ein immer komplexeres Wechsel-Spiel eintreten. Die Charaktere treten in den Dialog ein / beginnen Texte aus anderen Quellen zu uebernehmen, (scheinbar) zu kombinieren, fortzufuehren usw. 
Dies gilt insbesondere fuer die Figur, die Ivan Karamasoff darstellt und den Großinquisitor selbst, die zum Schluß des Stueckes ineinander aufgehen, eins werden - in der Jetzt-Zeit angekommen.

In dieser Form der Collagierung und der Zeitreise ist jede Zeit darstellbar / vorstellbar / integrierbar. Gerade hier bietet der Einsatz des Videomediums und der Musik / Soundebene die Moeglichkeit zu unterschiedlichsten Zeitbezuegen, z.B. durch die Verwendung historischen und aktuellen Bild / Tonmaterials - eine weitere Moeglichkeit mit dem Stueck auf sich neu entwickelnde Situationen zu reagieren.

Das Ziel ist ein sich staendig neu entwickelndes, dynamisch- fortlaufendes Wechselspiel zwischen Schauspiel / Video- / Audioelementen und Zuschauern, die im so konzipierten Rahmen und Wechselspiel der Elemente die ueblichen Ebenen von Theater/Erlebnisraum, (Reaktions)Zeit und medialer Konfrontation diese Bezuege und Wechselwirkungen direkter erleben und, als integrierter Teil des Performance / Improvisations / Ereignisraums auch beeinflussen koennen. 
Motivation ist nicht zuletzt auch, einen der wichtigsten literarischen Texte ueberhaupt, auf eine zeitgemaesse Art zu bearbeiten.

Sept. '97 - K.G. 
 

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